Rekordniedrige Zinsen und massive Anleihekäufe der Federal Reserve lauteten die geldpolitischen Programme, mittels denen in Amerika eine Systemreflationierung samt Verhinderung des Abgleitens in eine Schuldendeflation vereitelt werden sollten.

Normalisierung der Geldpolitik unmöglich, Verschuldung schier unvorstellbar

Bislang ist dieses Experiment aufgegangen, jedoch mit unvorhersehbarem Ausgang. Wie sich nun zeigt, lässt sich die Geldpolitik erwartungsgemäß nämlich nicht mehr „normalisieren“, ohne zur Wiederkehr einer neuen Systemkrise zu führen.

Die ultralockere Geldpolitik der Fed über den Zeitraum der vergangenen zehn Jahre hat mit dazu beigetragen, dass die Verschuldung in allen Bereichen des amerikanischen Staatswesens auf neue Rekordstände geklettert ist.

Der amerikanische Staat und die Privathaushalte des Landes ächzen unter einer offiziellen Schuldenlast von mehr als $22 Billionen respektive $13,5 Billionen. Die bis zum Jahr 2030 finanziell zu Buche schlagenden Finanzversprechen der Politik werden sich laut US-Senator David Perdue auf einen unvorstellbaren Betrag von $130 Billionen summieren.

Bauern verschuldet wie in der Agrarrezession der 80er Jahre

Und so verwundert es auch kaum, dass Amerikas Bauern mittlerweile auf die höchste Verschuldung seit den frühen 1980igern blicken. Wie das US-Landwirtschaftsministerium in der letzten Woche mitteilte, sei das Verschuldungsniveau unter Amerikas Landwirten von $385 Milliarden in 2018 auf nunmehr $409 Milliarden geklettert.

Erwähnenswert erscheint mir, dass ein solches Verschuldungsniveau in der amerikanischen Landwirtschaft schon seit der schweren Agrarrezession in den 1980iger Jahren nicht mehr gemessen worden ist. In einer Anhörung vor dem Landwirtschaftsausschuss des Repräsentantenhauses erklärte US-Landwirtschaftsminister Sonny Perdue wie folgt:

„Die Verschuldung unter Landwirten in Amerika ist in den vergangenen fünf Jahren massiv gestiegen – und zwar seit 2013 um 30 Prozent. In Zahlen ausgedrückt erfolgte ein Anstieg von damals $315 Milliarden auf nunmehr $409 Milliarden. Relativ stabile Landpreise haben das Verhältnis von aufgenommenen Schulden in Relation zu den durch US-Landwirte gehaltenen Vermögenswerten auf einem historisch niedrigen Niveau von 13,5 Prozent verharren lassen. Auch die anhaltend niedrigen Zinsen haben dazu geführt, die Kreditkosten für Amerikas Landwirte erschwinglich zu gestalten. Trotz allem kaschieren die Durchschnittswerte die Tatsache, dass einzelne Landwirtschaftsregionen in der Heimat anfällig für Schocks sind.“   

China-Boykott, sinkende Rohstoffpreise und Ausfälle kommen hinzu

Wie könnten solche Schocks aussehen? Nun, allen voran ist es im Angesicht des sino-amerikanischen Handelskriegs zu einem nahezu vollständigen Boykott von in den USA produzierten Lebensmitteln in China gekommen. Immerhin entpuppte sich China vor Beginn dieses Konflikts beispielsweise als weltgrößter Importeur von Sojabohnen aus den USA.

Hinzu kommt, dass der Landwirtschaftssektor im Verlauf der vergangenen fünf Jahre mit deflationären Trends wie rückläufigen Rohstoffpreisen zu kämpfen hatte. Gleichzeitig kam es in den USA in diesem Zeitraum zu mehreren Rekordstürmen, die den Ernten der Bauern massive Schäden zufügten.

Viele Agrarproduzenten sehen sich nicht dazu in der Lage, ihre jährlichen Betriebsausgaben mittels operativer Darlehen zu bestreiten, weshalb diese Darlehen mehr und mehr in langfristige Kredite umgewandelt werden. Problem hieran ist, dass sich die Kreditwürdigkeit unter Amerikas Landwirten auf diese Weise sukzessive verschlechtert.

Es benötigt mehr als ein paar Subventionen und Lippenbekenntnisse der Chinesen

Zwar hat das Weiße Haus zugunsten von Amerikas Bauern ein staatliches Hilfsprogramm zur Kompensation von Exporteinbrüchen ins Leben gerufen, aus dem bislang $7,7 Milliarden ausgezahlt wurden. Trotz allem reduziert sich die Nachfrage nach Landwirtschaftsgütern aus den USA, wodurch deren Preise weiter purzeln.

Laut US-Landwirtschaftsministerium werden die Agrarausfuhren der amerikanischen Bauern im laufenden Jahr um knapp zwei Milliarden US-Dollar sinken. Die Pekinger Regierung, die inzwischen Vergeltungszölle gegen Agrareinfuhren aus den USA verhängt hat, teilte zwar mehrfach mit, mehr Agrargüter aus den Vereinigten Staaten in einem Gesamtumfang von mehreren Hundert Milliarden US-Dollars importieren zu wollen, bislang ist in diesem Hinblick außer schönen Versprechungen allerdings nichts geschehen.

Resultat ist, dass viele Sojabohnen-Landwirte in den USA trotz der staatlichen Unterstützung durch die Washingtoner Regierung am Rande des Bankrotts wandeln. Es bleibt also weiter abzuwarten, ob die zwischen den USA und China anhaltenden Handelsgespräche tatsächlich in ein einvernehmliches Abkommen zwischen beiden Nationen münden werden.  

Neue Krise? Insolvenzen steigen, Landpreise sinken

Tatsache ist, dass die Anzahl der Insolvenzanträge unter Amerikas Landwirten inzwischen auf ein Dekaden-Hoch geklettert ist. Experten warnen davor, dass deren kletternde Verschuldung die Anzahl der Insolvenzen im Landwirtschaftssektor in den USA bis ins Jahr 2020 nach oben treiben könnte.

Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die Landpreise in den Vereinigten Staaten im Falle des Ausbruchs einer Rezession wohl teils deutlich unter Druck geraten werden. In diesem Zuge würde dann auch das Verhältnis zwischen der ausstehenden Verschuldung in Relation zu den durch Amerikas Landwirte gehaltenen Vermögenswerten klettern.

Resultat, so US-Landwirtschaftsminister Perdue, dürfte das Einsetzen einer länger anhalten Periode des Schuldenabbaus unter Amerikas Bauern sein, was letztendlich zu einer ähnlich schweren Landwirtschaftskrise in den USA wie in den 1980iger Jahren führen würde.

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